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Filmkritiken

Star Trek

“You know, traveling through time, changing history… that’s cheating.” …führt aber manchmal zu beeindruckenden Resultaten

Nachdem das Star Trek Franchise mit immer schlechteren Kinofilmen fast zu Tode geritten wurde, der grottige letzte Teil “Nemesis” dann auch an der Kasse kein großer Erfolg mehr war, und auch die letzte Fernsehserie “Enterprise” nach gutem Start schnell im Sande verlief, war die einzig logische Konsequenz, mit dem nächsten Kinofilm einen kompletten Restart der Serie zu versuchen, mit neuen Schauspielern und neuem Setting. Dabei hätte man so viel falsch machen können, aber Star Trek macht erstaunlicherweise vieles richtig.

Die Geschichte ist zeitlich vor der ersten TV-Serie angesiedelt und erzählt die Anfänge von James T. Kirk und Spock in Iowa bzw. auf Vulcan und ihr erstes gemeinsames Abenteuer bei der Sternenflotte. Gleich zu Beginn wird schweres Geschütz aufgefahren und wir befinden uns inmitten einer Weltraumschlacht mit blitzenden Phasern und explodierenden Raumschiffen. Regisseur und Produzent J.J. Abrams weiss, was die Fans sehen wollen: die fantastischen Hochglanzbilder im Weltraum sind fein orchestrierte Szenen mit perfekter CGI und bombastischem Soundtrack, so muss Science Fiction aussehen. Die Visualität, geprägt von unruhig heranzoomenden Einstellungen, ist klar inspiriert vom stilbildenen Battlestar Galactica (und sicher auch ein wenig von Abrams Vorgänger Cloverfield).

Aber der Film verläßt sich nicht nur auf seine Schauwerte, sondern nimmt seine Figuren ernst: Die bekannten Protagonisten Spock, McCoy, Uhura oder Scotty werden behutsam eingeführt und die eher comichaften Charaktere der Originalserie um ganz neue, aber sehr passende Facetten erweitert. Vor allem die Rolle des Kirk als arrogantem Frauenheld und Draufgänger ist ein stimmige Weiterentwicklung des klischeehaften Kirk aus der Originalserie, sehr passend gespielt von Chris Pine. Natürlich dürfen auch bei diesem James T. Kirk ein paar deftige Schlägereien, chauvinistische Sprüche und Anzüglichkeiten nicht fehlen. Die Schauspieler sind ausnahmslos on spot besetzt, vor allem Zachary Quinto als Spock nimmt man seine Rolle als Vorgänger/Nachfolger von Leonard Nimoy ohne zu Zögern ab. Ein wenig over the top ist Simon Pegg als Ur-Schotte Scotty, aber er sorgt so zumindest für einige Lacher. Und auch wenn sie nur einige wenige Szenen hat, hat Winona Ryder als Spocks Mutter eine sehenswerte Nebenrolle.

Die Story… naja, die Story… sicher nicht das Highlight des Films. Die Ausgangssituation ist mit Hilfe von Zeitlinien und -reisen bequem herbeikonstruiert, vieles wirkt wie an den Haaren herbeigezogen, um die eine oder andere Figur mit in die Story quetschen zu können, die man unbedingt auch noch dabei haben wollte, und gegen Ende wird der Brei zusehends unverdaulicher. Aber erstaunlicherweise ist das gar nicht so wichtig: das was an Story vorhanden ist, wird durchaus packend erzählt, und man ist sowieso viel zu sehr mit den Entdecken neuer Facetten an den bekannten Star Trek Charakteren und dem Bestaunen der aufwändig inszenierten SciFi-Sets beschäftigt, um sich an den vielen Logiklöchern all zu sehr zu stören.

Auch für Trekkies Trekker gibts eine Menge zu sehen: Die fantastisch visualisierte Welt von Vulcan zum Beispiel. Oder In-Jokes über Chekovs russischen Akzent oder Uhuras Vornamen, Kirks Betrug beim Kobayashi Maru Test oder Spock, der mal wieder Sherlock Holmes zitiert (”if you eliminate the impossible, whatever remains – however improbable – must be the truth”). Mag sein, dass Hardcore-Fans sich über die eine oder andere Ungereimtheit aufregen, aber der Film findet eine gute Balance zwischen Respekt vor dem Star Trek Erbe und der Herausforderung, eine neue und packende Story zu erzählen, ohne sich zu sehr in den Details des alten Trek-Universums zu verstricken.

Ob man sich mit der Idee, eine neue Zeitlinie zu erfinden, wirklich einen Gefallen getan hat, wird sich zeigen. Natürlich hat man sich damit alle Freiheiten geschaffen und das enge Korsett des bekannten Star Trek Universums gesprengt. Aber ein wenig unbefriedigend ist es schon, wenn die (unzweifelhaft folgenden) Sequels allesamt die komplette Geschichte der TV-Serien und bisherigen Kinofilme ignorieren. Das hinterläßt für den Zuschauer den faden Geschmack, das er ein paarhundert Fernsehstunden “umsonst” geschaut hat.

Star Trek, USA 2009 – deutscher Kinostart: 07.05.2009
9 Punkte

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